Mit der Erkrankung leben - aber wie?

Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg, mit dieser Situation umzugehen: einige versuchen eine Zeit lang, die Erkrankung zu ignorieren und die Bedrohung von sich fern zu halten. Andere halten sich an der Hoffnung auf einen Irrtum oder ein Wunder fest. Wiederum andere Trifft die Diagnose wie ein Schock, sie versinken in einer Welle aus Angst, Trauer, Verzweiflung oder auch Wut (Gefühle im Zusammenhang mit der Erkrankung). Wieder andere nehmen sich vor, zu kämpfen, alle Möglichkeiten (z.B. auch Hilfsmittel und Unterstützung durch Andere) zu nutzen, um dem Leben so viel Qualität wie möglich abzuringen. Wieder anderen gelingt es, ihr Schicksal anzunehmen und es zu akzeptieren (was niemals heißt, dass man es „gut“ findet!), sich das Leben entsprechend einzurichten, die verbliebenen Möglichkeiten so lange es geht zu nutzen und das Beste daraus zu machen.

Jede dieser Reaktionen ist normal, jede dieser Reaktionen ist verständlich und niemand darf sich ein Urteil darüber anmaßen, wie „man“ sich fühlen sollte oder was „man“ tun sollte. Jede und jeder muss seinen eigenen Weg finden, der zum ihm oder ihr passt, um mit dieser bedrohlichen Situation umzugehen. Oft schwanken Betroffene auch zwischen diesen verschiedenen Arten des Umgangs (manchmal ist man zuversichtlich und will kämpfen, manchmal überwältigt einen die Angst vor der Zukunft).

Manche Betroffene berichten auch, dass sie durch die Erkrankung viel über sich gelernt und sich in ihrer Persönlichkeit weiterentwickelt haben. Vielleicht gelingt es auch Ihnen, durch die ALS neue Freundschaften zu knüpfen oder die Beziehung zu Menschen, die Ihnen nahestehen, zu vertiefen. Manch eine/r ist überwältigt von der Hilfe und Unterstützung, die er oder sie erfährt und erlebt so eindrucksvoll, wie wertvoll manche Menschen sind. Vielleicht gelingt es Ihnen - auch, weil sie sich von alten, z.B. sportlichen Hobbies verabschieden müssen -  sich neue Hobbies und Interessen zu erschließen, z.B Musik hören, sich mit dem Computer zu beschäftigen oder sich mit spirituellen Fragen zu beschäftigen: Wo komme ich her, wo gehe ich hin, was bleibt von mir? Um Ihnen etwas Mut zu machen: vielen Betroffenen gelingt es, im Laufe der Zeit mit einer Balance aus Realismus und sich-nicht-unterkriegen-lassen Herausforderungen zu bewältigen, die sie selbst anfangs als überwältigend schwierig empfunden haben.

Weiteres siehe hier.

Wichtig ist, dass Sie sich nicht aufgeben. Wenn Ihnen diese Aufgabe zu groß erscheint und sie sich den Belastungen durch die ALS nicht gewachsen fühlen oder spüren, dass Ihre Bewältigungsstrategien, mit denen Sie bisher die Herausforderungen des Lebens gemeistert haben (und Sie haben schon einige gemeistert!), nicht ausreichen: Holen Sie sich Hilfe! Sie müssen da nicht alleine durch.

Auch wenn es noch keine Heilung für ALS gibt, so können Ärzte und Therapeuten doch viel für Sie tun: Wenn es Ihnen wichtig ist, holen Sie sich eine Zweitmeinung ein und sprechen Sie darüber, ob und wie sie die Diagnose akzeptieren können. Sprechen Sie Ihre Ängste und Sorgen und wie es Ihnen seelisch geht, offen an – Ihre Behandler werden ein offenes Ohr für Sie haben und kennen sich mit den Problemen und Fragen gut aus. Stellen Sie alle Fragen, die Sie auf dem Herzen haben! Und lassen Sie sich ausführlich zu Hilfen im Alltag, Hilfsmitteln (ggf. auch in einer Sozialberatung, z.B. durch die DGM), medizinischen Maßnahmen, Patientenverfügung und Behandlungsoptionen beraten. Zwar kann die objektive Situation selbst nicht im Wesentlichen geändert werden, jedoch können allein das darüber-reden und die Inanspruchnahme aller verfügbaren Unterstützung die Situation besser aushaltbar machen. Das gilt von der Diagnosestellung bis zum unmittelbar bevorstehenden Lebensende.

Eine (psychologische) Beratung oder Therapie kann Sie zusätzlich dabei unterstützen, mit den Herausforderungen durch die ALS umzugehen. Dies hat nichts damit zu tun, dass sie psychisch krank seien oder unangemessen reagieren, sondern bietet Unterstützung durch unabhängigen Dritten, der sich mit der Bewältigung schwieriger Lebenssituationen auskennt. (Flyer externe Ansprechpartner zur psychosozialen Unterstützung)

In Selbsthilfegruppen oder Chatgruppen in Internet können Sie zudem ihre Erfahrungen teilen und von denen Gleichbetroffener profitieren.

Und ganz wichtig: Sprechen Sie offen mit Ihren Mitmenschen. Natürlich müssen Sie nicht gleich jedem von Ihrer Diagnose oder damit verbundenen Sorgen erzählen. Wichtig ist es jedoch, dass Sie Ihren Liebsten, zumindest einigen ausgewählten Personen gegenüber offen über Ihre Gefühle sprechen und auch das Gegenüber ermutigen, dies zu tun. Offene Gespräche können zu einem starken Gefühl der Verbundenheit und Liebe führen, und damit helfen, durch schwierige Zeiten zu tragen.

Weitere Informationen hierzu finden Sie unter "mit Anderen über die Erkrankung sprechen".

Für Familienmitglieder und Freunde stellt die ALS-Erkrankung eines geliebten Menschen ebenfalls eine große Belastung dar. Viele fühlen sich hilflos, vielleicht auch überfordert und werden manchmal von ihren Gefühlen oder den Herausforderungen des Alltags überwältigt. Weitere Informationen für An- und Zugehörige finden sie hier.